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Endometriose und Kinderwunsch: Neue Wege in der Reproduktionsmedizin

Endometriose eine chronische Erkrankung mit oft belastenden Symptomen – als ob das noch nicht genügen würde, betrifft sie oft auch noch die Fruchtbarkeit vieler Patientinnen. Nach vielen Jahrzehnten der Unterversorgung der Betroffenen in Medizin und Forschung scheint sich ein Umdenken abzuzeichnen und endlich Fortschritte auf diesem Gebiet erzielt zu werden. Auch die endometrioseassoziierte  reproduktionsmedizinische Versorgung hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Die neue S2k-Leitlinie 2025 (ein sehr wichtiges Instrument für die aktuelle und evidenzbasierte Versorgung von Patientinnen) sowie aktuelle Studien aus Heidelberg und internationale Forschungsprojekte zeigen, dass Patientinnen mit Kinderwunsch heute gezielter und individueller behandelt werden können.

Diagnostik: Weniger invasiv, schneller zur Therapie

Die neue Leitlinie erlaubt eine klinische Diagnose auch ohne laparoskopische Bestätigung, also ohne Bauchspiegelung, sofern typische Symptome und bildgebende Befunde, zumeist anhand von Ultraschall aber auch mit MRT, vorliegen. Für Patientinnen mit Kinderwunsch bedeutet das: schnellere Abklärung und frühzeitiger Therapiebeginn, ohne den Umweg über eine Operation. Besonders in reproduktionsmedizinischen Zentren wird die transvaginale Sonografie (Ultraschall mit einer Sonde, die über die Scheide eingeführt wird) mit hoher Auflösung als primäres Diagnostikinstrument empfohlen.

Therapie: Operative Sanierung bei reproduktiver Indikation

Ein Forschungsteam am Universitätsklinikum Heidelberg unter Leitung von Dr. Sebastian Schäfer betont in seiner Studie von April 2025, dass die operative Entfernung von Endometrioseherden bei bestehendem Kinderwunsch die Chancen auf eine Schwangerschaft signifikant erhöhen kann. Die neue Leitlinie bestätigt dies: Bei reproduktiver Indikation wird eine laparoskopische Sanierung empfohlen, also per Bauchspiegelung – immer öfter ohne die Notwendigkeit eines großen Bauchschnitts – insbesondere bei tief infiltrierender Endometriose oder Beeinträchtigung der Eileiter.

Medikamentöse Optionen: Linzagolix als neue Alternative

Seit Ende 2024 ist Linzagolix (Yselty®) in Deutschland zugelassen. Der selektive GnRH-Antagonist kann individuell dosiert werden und bietet eine hormonfreie Option – besonders relevant für Patientinnen, die eine Schwangerschaft anstreben und hormonelle Langzeittherapien vermeiden möchten.

Bluttest: PromarkerEndo als Entscheidungshilfe

Der neue Bluttest PromarkerEndo erkennt spezifische Proteinmuster im Blut und ist seit Frühjahr 2025 in ausgewählten Kliniken verfügbar. Für Patientinnen mit Kinderwunsch kann ein positiver Test die Zuweisung in reproduktionsmedizinische Zentren beschleunigen und invasive Diagnostik vermeiden. Die Kosten liegen zwischen 120 und 180 Euro. Der Test wird zunehmend als Entscheidungshilfe für die Therapieplanung eingesetzt – etwa zur Abwägung zwischen medikamentöser und operativer Behandlung.

Forschung: Epigenetik und Immunmodulation mit Blick auf Fruchtbarkeit

Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)geförderten Projekte zur Epigenetik und Immunmodulation untersuchen, wie genetische und immunologische Faktoren die Fruchtbarkeit beeinflussen. Erste Studien zeigen, dass bestimmte epigenetische Marker mit Implantationsstörungen (Einnistungsversagen) korrelieren. Ziel ist es, neue Therapieansätze zu entwickeln, die die reproduktive Funktion gezielt verbessern – etwa durch immunregulierende Substanzen oder epigenetische Modulatoren.

Fazit: Was bedeutet das für Patientinnen mit Kinderwunsch?

Die reproduktionsmedizinische Versorgung bei Endometriose ist heute schneller, individueller und evidenzbasierter. Patientinnen profitieren von nicht-invasiver Diagnostik, gezielter operativer Therapie, neuen Medikamenten und innovativen Tests. Wer einen Kinderwunsch hat, sollte sich frühzeitig in einem zertifizierten Endometriosezentrum beraten lassen – denn die neuen Erkenntnisse fließen direkt in die Praxis ein.

Quellen:
AWMF-Leitlinie 015/045, Juni 2025: https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-045l_S2k_Diagnostik_Therapie_Endometriose_2025-06.pdf
Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V., Juni 2025: https://www.endometriose-vereinigung.de/blog/die-neue-s2k-leitlinie-2025-zur-diagnostik-und-therapie-der-endometriose
Springer Medizin, April 2025: https://link.springer.com/article/10.1007/s15013-025-6051-x
fembites.com, März 2025: https://fembites.com/blogs/zykluswissen/neuer-bluttest-fuer-die-diagnose-von-endometriose
PULS24, Februar 2025: https://www.puls24.at/news/chronik/bluttest-statt-op-durchbruch-bei-endometriose-diagnostik
BMBF, September 2024: https://www.bmbf.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/09/100924-Endometriose.html